Behutsamer Umgang mit “Secondhand”-Hunden – Interview mit dem Tierheim Wannigsmühle

Tierheim Wannigsmühle: Logo

Im Tierheim Wannigsmühle in Münnerstadt leben viele Hunde, Katzen und Kleintiere, die auf ein neues, liebevolles Zuhause warten. Gerne kannst du vorbeischauen, um sie kennenzulernen! Mitglieder sind immer herzlich willkommen, denn die regelmäßigen Beiträge decken die finanziellen Kosten.

Tierheim Wannigsmühle

Adresse: Zur Mühle 10, 97702 Münnerstadt
Tel.: 09766 – 1221
E-Mail: tierheim.wannigsmuehle@t-online.de
Web: https://www.tierheim-wannigsmuehle.de/

Als Tierfreundin kannst du auch die Patenschaft für ein Tier deiner Wahl übernehmen. Das ist besonders wichtig für Tiere, die aus bestimmten Gründen nicht vermittelbar sind. Aktive Hilfe kannst du leisten, indem du zum Beispiel mit einem der Hunde spazieren gehst. Dafür sind viele Hunde besonders dankbar, da sie ausreichend Bewegung und Streicheleinheiten benötigen.

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Über aktuelle Neuigkeiten aus dem Tierheim Wannigsmühle informiert halbjährlich die Broschüre Nachrichten aus dem Tierheim Wannigsmühle. Derzeit (2014) arbeitet das Tierheim an einem neuen Hundehaus. Damit die Finanzierung gesichert ist, sammeln die Helfer bereits eifrig Spenden – staatliche Zuschüsse erhalten sie leider nicht. Auch mit Sachspenden kannst du das Tierheim unterstützen. Worüber sich die Tiere ganz besonders freuen, steht auf dem Wunschzettel.

Auf derInternetseite des Tierheims Wannigsmühle findest du zudem viele Infos rund ums Tier sowie Vermisstenmeldungen – und natürlich individuellen Vorstellungen der Tiere.

Interview mit dem Tierheim Wannigsmühle

Hudoba sprach mit Frau Ursula Boehm, der Präsidentin der Stiftung Tierheim Wannigsmühle.
Wie kommen die Tiere am häufigsten zu Ihnen ins Tierheim Wannigsmühle? Werden sie eher vom Besitzer abgegeben oder als Fundtiere gebracht?

Das teilt sich bei uns immer. Wir sind für zwei Landkreise zuständig und haben natürlich auch ein sehr hohes Fundtieraufkommen – gerade im Bereich der Katzen. Das heißt, bei der Aufnahme von Katzen überwiegt der Fundtiersektor. Bei Hunden ist es eher so, dass viele bei uns im Tierheim aus privater Hand abgegeben werden, aus welchen Gründen auch immer.
Kann man sagen, wie lange die Tiere im Tierheim bleiben und gibt es Tiere, die besonders schnell vermittelt werden oder besonders lange im TH bleiben?

Die durchschnittliche Verweildauer ist zwischen 75 und 80 Tage. Natürlich beherbergen wir auch einige “Langzeitinsassen”.
Okay, denn meistens denkt man ja, gerade die jüngeren Hunde finden besonders schnell wieder einen neuen Besitzer.

Nein, das ist bei uns völlig unterschiedlich. Wir erleben auch sehr oft ein paar Highlights. In den letzten Monaten konnten wir glücklicherweise einige Seniorentiere vermitteln, die alle einen ganz tollen Platz gefunden haben.

Die Verweildauer ist bei uns völlig unterschiedlich und es kann nicht unbedingt am Alter des Tieres festgemacht werden. Es besteht eine Bedarfssituation, je nachdem, was der zukünftige Hundehalter an Ansprüchen fordert. Wenn man diese Ansprüche alle dementsprechend berücksichtigt, gelingt eine gute Mensch-Hund-Konstellation und somit ein tolles Team. Wir haben schon oft die Erfahrung gemacht, dass das Alter des Tieres erfreulicherweise nicht unbedingt ein ausschlaggebendes Kriterium darstellt.
Jetzt denkt man ja immer noch, Tiere werden hauptsächlich zu den Sommerferien abgegeben. Ist das immer noch so, oder gibt es da schon keinen Unterschied mehr im Hinblick auf das ganze Jahr?

Wir konnten in den letzten Jahren feststellen, dass die Tieraufnahmen im Tierheim durchweg über das ganze Jahr konstant bleibt. Wir sehen hier auch einen Bezug zu dem immensen privaten Tiermarkt – der natürlich auch im Rahmen der unzähligen sozialen Netzwerke ständig wächst. Das Resultat hieraus ist die unüberlegte und überstürzte Anschaffung eines Tieres.

In den Sommerferien und in der Sommerzeit kommt sicherlich auch die Urlaubsproblematik dazu. Zusätzlich finden während der Sommermonate zahlreiche Fundkitten den Weg zu uns ins Tierheim, bedingt durch die Tatsache, dass die Katzenkinder, welche im Frühjahr zur Welt kamen, jetzt flügge werden.
Dem Tierheim Wannigsmühle kann man ja natürlich auch spenden. Haben Sie eine “Lieblingsspende”?

Oberste Priorität ist die Erneuerung unseres in die Jahre gekommenen Hundehauses, welches einer modernen und zeitgemäßen Hundehaltung nicht mehr entspricht. Um dies in die Realität umzusetzen, wünschen wir uns derzeit Spenden direkt für das Hundehaus.
Starten Sie diesbezüglich auch spezielle Spendenaktionen?

Bereits in unserem Tierheimheft haben wir ausführlich über unser Vorhaben berichtet sowie auch schon weitere Öffentlichkeitsarbeit in Zusammenarbeit mit den regionalen Medien geleistet.
Sie haben also auch eine Tierheimzeitschrift?

Unsere Nachrichten aus dem Tierheim Wannigsmühle erscheinen halbjährlich. Seit zwei Jahren erstellen wir das Heft in Eigenregie, worauf wir durchweg positive Resonanz erfahren. Die Tierheimzeitung ist kostenfrei erhältlich. Erfreulicherweise verzeichnen wir nach Erscheinen eine gute Spendenresonanz.
In ihrem Charity-Laden in Münnerstadt und Ihrem Flohmarktladen in Bad Kissingen – die beide von ehrenamtlichen Helfern geführt werden – verkaufen Sie Produkte, deren Reinerlös dem Tierheim zugutekommt. Wie oder besser wer kam denn auf diese tolle Idee?

Es war eine eigene Idee, welche bereits 2007 in die Tat umgesetzt wurde. Wir freuen uns, dass sehr viele Tierfreunde unsere Läden durch Sachspenden unterstützen. Das ehrenamtliche Engagement unserer beiden Charity-Teams ist mit Worten nicht zu beschreiben. Sie machen das wirklich mit einer Hingabe und mit sehr, sehr viel Liebe und Herzblut, was bei unseren zahlreichen Kunden positive Bestätigung findet.
Manche Menschen stellen sich eine Vermittlung bestimmt ganz einfach vor. Man geht ins Tierheim Wannigsmühle, sucht sich einen Hund aus und nimmt ihn direkt mit. Aber so ist das ja in keinem Tierheim. Wie läuft die Vermittlung bei Ihnen ab?

Den Hund einfach direkt mitnehmen gibt es bei uns nicht. Ausnahme: Es sind bereits bekannte Tierhalter, welche schon ein Tier aus unserem Tierheim adoptiert haben. In diesem Falle sind die entsprechenden Platzkontrollen bereits im Vorfeld erfolgt.

Normalerweise ist es so, dass die Tierinteressenten zunächst persönlich im Tierheim vorstellig werden. Bei Interesse an einem Tier wird zunächst eine Selbstauskunft ausgefüllt, immer begleitet durch ein persönliches Gespräch, in welchem alle Eventualitäten, Ansprüche etc. erörtert werden. Unabdingbar zur Adoption eines Hundes sind die sogenannten Kennenlerntage. Hier haben Interessenten die Möglichkeit, mit ihrem Wunsch-Hund Gassi zu gehen oder einen Tagesausflug zu unternehmen. Somit haben alle Beteiligten die Möglichkeit herauszufinden, ob Mensch und Tier zusammenpassen. Wir legen einfach Wert auf eine dauerhafte Vermittlung.
Und das ist ja auch gut so. Denn es gibt ja nichts Schlimmeres, als dass ein Hund der schon aus schlechten Verhältnissen kommt, immer weitergereicht wird.

Im Tierheim haben wir durchweg “Secondhand”-Hunde. Sie alle haben schon einmal ihr Zuhause und ihr Umfeld verloren, haben unter Umständen auch Verlassensängste entwickelt oder anderweitige negative Erfahrungen zu verarbeiten. Natürlich ist der neue Halter dementsprechend gefordert, Geduld und Verständnis für das Tier aufzubringen.
Und Nachkontrollen führen Sie sicherlich auch durch oder?

Selbstverständlich führen wir Nachkontrollen durch. Wie bereits erwähnt haben all unsere Tiere schon ein gewisses Schicksal hinter sich und wir möchten natürlich, dass unsere Schützlinge ein schönes Zuhause für den Rest ihres Lebens finden.
Und kündigen Sie sich da vorher an oder kommen Sie einfach so vorbei?

Uns ist es wichtig, eine Momentaufnahme der gegenwärtigen „Ist-Situation“ zu bekommen. Dies ist der Fall, wenn wir den neuen Besitzer nicht vorab über einen Besuch informieren und unangekündigt eine Nachkontrolle durchführen. Natürlich trifft man die Leute nicht immer zu jeder Uhrzeit Zuhause an, daher melden wir uns an, wenn wir die neuen Besitzer mehrmals nicht angetroffen haben.

Teilweise werden vor der Vermittlung auch Vorkontrollen des zukünftigen Heims durchgeführt, wobei es hier auf das persönliche Gefühl während des Vermittlungsgespräches ankommt. Sollten allerdings vor der Vermittlung berechtigte Zweifel bestehen, kommt es erst gar nicht zu einem Abgabevertrag. Die verschiedenen Gründe teilen wir den Tierinteressenten allerdings dann auch mit.
Leider tragen sogenannte “Listenhunde” oft ein gewisses Klischee mit sich. Viele Menschen wollen diese Rassen gerade deswegen auch halten. Gab es schon einmal so eine Situation in Ihrem Tierheim?

Ja, damit wurden wir auch schon konfrontiert. Wir haben aber selten Anfragen nach Aufnahme von Listenhunden in unserem Tierheim. Zudem sind wir bundesweit mit anderen Tierheimen vernetzt und vermitteln Tiere auch zu anderen Tierheimen oder Tierschutzorganisationen in unterschiedliche Bundesländer, denn gerade in Bayern sind verschiedene Auflagen zum Halten von Hunden einzuhalten und zu erfüllen. Dies erschwert eine Vermittlung dieser Hunde innerhalb Bayerns zusätzlich.

Hunde dieser Rassen werden bei uns nicht auf der Homepage veröffentlicht, denn wir möchten es natürlich auch vermeiden, ein gewisses Klientel anzuziehen.
In Niedersachsen gibt es ja schon den Hundeführerschein. Wie ist das in Bayern?

Bei uns gibt es da noch keine Vorschriften. Ich finde es aber generell wichtig, denn wenn man ein Tierheim oder eine Tierpension betreibt, ist ein Sachkundenachweis unabdinglich. Oftmals setzten sich Tierbesitzer im Vorfeld nicht mit den Bedürfnissen eines Tieres auseinander. Dieser Problematik stehen wir sowie auch alle bundesweiten Tierschutzorganisationen tagtäglich gegenüber.

Die Schlussfolgerung unüberlegter Tieranschaffung ist die Abgabe des Hundes in einem Tierheim.

Es wäre wünschenswert, dass sich jeder zukünftige Hundebesitzer sach- und fachkundig macht, daher ist der Hundeführerschein ein Schritt in die richtige Richtung. Solange hierzulande jeder Hundebesitzer sein Tier reproduzieren kann, wird dieser Problematik kein Ende gesetzt. Daher wäre ein Hundeführerschein durchaus sinnvoll. Tierbesitz im Wesentlichen sollte eine gewisse Verantwortung mit sich führen, nicht nur bei Hunden, sondern auch in der Katzenhaltung. Ein großer Schritt in die richtige Richtung wäre eine Katzenschutzverordnung, die allerdings in Bayern noch nicht greift. Andere Bundesländer und deren Städten und Kommunen sind hier schon einen Schritt weiter, doch bei der Kastrationspflicht von Katzen in Bayern besteht derzeit verfassungsgemäß noch keine Veranlassung.

Der Tierschutz ist ein sehr weites und breitgefächertes Gebiet und auch hierzulande inzwischen zunehmend gefordert, ob in Bereich der Hunde, Katzen oder Kleintiere. Das Tierschutzgesetz ist zwar im Grundgesetz verankert, allerdings letztendlich zum Vollzug nicht wirklich geeignet. Hier besteht dringender Handlungsbedarf in der Überarbeitung der Gesetzgebung.
Gibt es etwas, was sie sich da ganz besonders wünschen würden, wenn sie könnten?

Da gibt es unzählige Dinge! An erster Stelle stehen hier die Katzenschutzverordnung sowie die Kastrationspflicht von Katzen. Ebenso wichtig wäre eine Verbandsklage im Tierschutz. Bisher ist es lediglich möglich, eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz bei der Staatsanwaltschaft einzureichen. Diese entscheidet letztendlich autark, ob sie Anklage erhebt oder die Ermittlungen einstellt. Es wäre sehr wünschenswert, dies von Grund auf zu ändern oder entsprechend den heutigen Gegebenheiten anzupassen, Vergehen gegen Tiere sollten mittlerweile stärker geahndet werden.

Ein Wunsch für das Tierheim Wannigsmühle selbst wäre die Erweiterung der Unterbringungsmöglichkeiten, für die wir kontinuierliche finanzielle Unterstützung benötigen. Dies sind nur zwei Punkte einer ganzen Liste. Auch das hohe Pensum an Arbeit, die täglich im Tierheim und Tierschutz geleistet wird, sollte mehr Anerkennung erfahren. Es erweckt den Eindruck, dass in Sachen Tierschutz viel erwartet und gefordert wird, aber nur weniges geschätzt.
Frau Böhm, zum Abschluss hätte ich noch eine Frage: Gibt es eine besondere Geschichte vom Tierheim Wannigsmühle, von dem Sie mir erzählen können?

Im täglichen Tierheimbetrieb wechseln sich Freud und Leid ab, aber es gibt natürlich auch schöne Momente; wie beispielsweise das Schicksal von Hund Lucky, der fast 5 Jahre im Tierheim auf seine große Chance warten musste. Vor kurzem durfte er ein Happy End erfahren und lebt jetzt in einem schönen Zuhause. Lucky war eine ganz arme Socke: Bevor er in unser Tierheim kam, lebte er in einem Zwinger, in dem er in seinem eigenen Schmutz und Kot lag, ohne versorgt zu werden. Er hatte seine Ecken und Kanten, daher haben wir uns sehr gefreut, dass er nach der langen Zeit des Wartens wirklich seine passenden Leute gefunden hat.

Auch ein Welpe wurde uns übergeben, von dem behauptet wurde, er sei von einem Gehsteig gefallen. Der Kleine hatte einen ganz massiven Splitterbruch erlitten und nach dem tierärztlichen Befund hatte sich letztendlich herausgestellt, dass das Tier offenbar getreten wurde. Glücklicherweise hat er seine Verletzungen gut überstanden und wir konnten eine nette Familie für ihn finden.

Dies sind nur zwei von unzähligen Leidens- und Lebenswegen, mit denen wir tagtäglich konfrontiert werden.

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